Offener Unterricht
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    Offener-Unterricht - Dimensionen-Konzept

    Jocachim Brenner arbeitet heraus, dass sich aus diesem wissenschaftlich unbefriedigenden Forschungsstand ein Konzept herausschält, das Unterricht unabhängig von didaktischen und methodischen Ansätzen, Begründungen und Zielen in 'Dimensionen' beschreibt.

    Schon 1977 hat Dietrich Benner vorgeschlagen, zur Beschreibung von Dimensionen der Öffnung die institutionelle, methodische und thematische Öffnung als grundlegend Kriterien zu nutzen. Diesen Vorschlag begründete er mit dem Verlust der Einheit von Leben und Lernen in der heutigen Zeit. Er wendet sich gegen naiv wiederverwendete reformpädagogische Ansätze und auch gegen viele Vertreter des 'Offenen Unterrichts' die Einheit von Leben und Lernen wiederherstellen wollen.(Vgl. Benner, Dietrich: Was ist Schulpädagogik (1977). In: Apel, Hans-Jügen; Grunder, Hans-Ulrich: Texte zur Schulpädagogik. Weinheim, München: Juventa 1995.)

    Methodisch fordert Dietrich Benner das Selbstlernen ein, thematisch soll über einen sinnvollen Gebrauch des Gelernten nachgedacht werden. Institutionell vertritt Benner die Auffassung, das "in Schulen als vom sonstigen Leben abgesonderten Orten etwas gelernt wird, das ohne schulischen Unterricht gar nicht erlernt werden könnte." (Benner, Dietrich: Auf dem Weg zur Öffnung von Unterricht und Schule. Theoretische Grundlagen zur Weiterentwicklung der Schulpädagogik. In: Die Grundschulzeitschrift (1989) Heft 27/89, 46-55).

    In Bezug auf die institutionelle Dimension irrt Dietrich Benner allerdings, denn 2001 bescheinigt ein - allerdings englisches - Gericht, dass Lernen nicht unbedingt an Unterricht geknüpft ist. Es gibt schlicht keine Lerngegenstände, die nur durch schulischen Unterricht erworben werden können. Und: Offener Unterricht stellt die Einheit von Leben und Lernen wieder her.

    Das 'Dimensionen-Konzept' findet sich ähnlich auch bei anderen Autoren:



    Jörg Ramseger:
    Offener Unterricht in der Erprobung
    (Weinheim, 1977, S. 53ff)
    Manfred Bönsch; Klaus Schittko (Hrsg.):
    Offener Unterricht (Hannover, 1979; darin: Einführung: Offener Unterricht - Vorschläge zur Veränderung von Unterricht, S. 9 - 31)
    Angelika Wagner:
    Selbstgesteuertes Lernen im offenen Unterricht - Erfahrungen mit einem Unterrichtsversuch in der Grundschule
    (in: Einsiedler, Wolfgang: Konzeptionen des Grundschulunterrichts, Bad Heilbrunn, 1979, S. 174 - 186)
    Dietrich Benner:
    Auf dem Wege zur Öffnung von Unterricht und Schule
    (in: Die Grundschulzeitschrift, Heft 27, 1989, S. 46 - 55)
    Eiko Jürgens (Hrsg.):
    Erprobte Wochenplan- und Freiarbeitsideen in der Sekundarstufe I
    Heinsberg, 1994)
    Herbert Goetze:
    "Wenn offener Unterricht schwierig wird ..." - Stolpersteine auf dem Weg zur offenen Unterricht
    (in: Reiß, Günther/Eberle, Gerhard (Hrsg.): Offener Unterricht - Freie Arbeit mit lernschwachen Schülern, Weinheim, 1995, S. 254 - 273, hier S. 257)
    Falko Peschel:
    Offener Unterricht - Am Anfang oder am Ende?
    (OASE-Bericht Nr. 2, Universität Siegen, 1995, S. 19f)
    Hans Brügelmann:
    Öffnung des Unterrichts. Befunde und Probleme der empirischen Forschung
    (OASE-Bericht Nr. 10a, Universität Siegen, 1997, S. 9f).

    Dimensionen bei Jörg Ramseger

    Ramseger benutzt noch nicht das Wort Dimensionen sondern spricht von Indikatoren. So gibt es bei ihm z.B. neun Indikatoren für die inhaltliche Offenheit (Jörg Ramseger: Offener Unterricht in der Erprobung - Erfahrungen in einem didaktischen Modell, Juventa, München, 1977, S. 53)

      "Sind alle anderen Bedingungen gleich, so ist ein offener Unterricht offener als ein anderer, wenn ...:

      1. Einfälle, Gedankenverbindungen, Auslegungen, Ergänzungen und Themenverschiebungen von Seiten der beteiligten Subjekte zugelasseen sind und zum Tragen kommen können.
      2. Planungsvorgaben laufend korrigiert, abgeändert oder fallengelassen werden können.
      3. er traditionelle Fächergrenzen überschreiten kann.
      4. die Schüler die Möglichkeit haben, eigene Unterrichtsvorhaben anzuregen und durchzuführen.
      5. in ihm verschiedene Perspektiven und Deutungen das zu bearbeitenden Gegenstandes zum Tragen kömmen können.
      6. er nicht nur das kognitive, sondern auch das affektivess und soziales Lernen fördert.
      7. der Lernerfolg nicht in der Beantwortung von Testfragen erschöpfend gemessen werden kann, sondern in erfogreichem Handeln gesehen wird.
      8. er einer handlungsorientierten Leitidee folgt, Lernziele während des Unterrichtsverlaufes verworfen und neue gesetzt werden können."

    Im Blick auf die methodische Offenheit nennt Ramseger 18 Indikatoren, für die institutionelle Offenheit sind es 5 Indikatoren.


    Dimensionen bei Hans Brügelmann

    Brügelmann's Konzept ist erweitert um die Grundhaltung der persönlichen Öffnung und um die Dimension der politisch-pädagogischen Öffnung. Die persönliche Öffnung meint den sozialen Aspekt, den Umgang zwischen Lehrer, Schüler und Eltern in der Schule, die politisch-pädagogische Öffnung bezieht sich auf die Demokratisierung des Unterrichts (Brügelmann, Hans: Die Öffnung des Unterrichts muss radikaler gedacht, aber auch klarer strukturiert werden. 1997, aktualisiert in: Brügelmann, H./ Brinkmann, E. [2008]: Öffnung des Anfangsunterricht, S. 1-35) Joachim Brenner übersieht allerdings, dass Brügelmann in der thematischen Dimension ('didaktisch-inhaltliche Öffnung') auch die fachliche Demokratisierung im Blick hat, also die Selbst- und Mitbestimmung der Schüler in Bezug auf die Lerninhalte. Damit sind genau die Fragen der Kinder gemeint, denen schon der Hadow-Report und der Plowden-Report eine große Bedeutung für deren Lernen bescheinigt hatte.


    Dimensionen bei Falko Peschel

    2002 hat Falko Peschel im Anschluss an Vorarbeiten von Hannelore Zehnpfennig ('Didaktik des weißen Blatts'), Hans Brügelmann, Wulf Wallrabenstein dieses Dimensionenraster verändert, in dem er es konsequent auf die Freiheitsgrade bezog, innerhalb derer Kinder ihr Lernen selbst bestimmen konnten. Er schlug als Dimensionen vor:

    • Organisation (Selbstbestimmung der Kinder über: Wann kann ich mit wem wo arbeiten),
    • Methodik (Selbstbestimmung der Kinder über: Wie kann ich mein Vorhaben bearbeiten),
    • Inhalt (Selbstbestimmung der Kinder über: Was, welche Themen will ich bearbeiten),
    • Sozialität (Selbstbestimmung der Kinder über: Wie leben wir hier in der Klasse zusammen und was geschieht im Unterricht) und
    • Persönliche Offenheit (Selbstbestimmung der Kinder über: Bin ich - auch über Schule hinaus - in meinem Lernen gleichberechtigt zu den Erwachsenen)

    "Der 'Offene Unterricht' ist demnach kein Unterrichtskonzept, sondern gibt Kriterien vor, die ein Konzept zumindest teilweise einlösen muss, um als 'offene Unterrichtsform' begriffen zu werden."(Brenner, S. 25) Das Dimensionenkonzept Peschels stellt - entgegen der Auffassung von Benner - die Einheit von Leben und Schule in vollem Umfang wieder her, denn jedes Kind macht selbst seinen eigenen, ganz individuellen Weg in die Welt zum Gegenstand des eigenen Lernprozesses.

    Das Dimensionenskonzept wurde jeweils um Abstufungen, um die Bestimmungsraster (http://offener-unterricht.net/ou/start-offu.php?action=rast1 ) erweitert. In jeweils fünf Stufen kann nun konkret bestimmt werden, wie offen ein Unterricht in jeder einzelnen Dimensionen ist (Kinder können frei selbst bestimmen bis Alle Vorgaben kommen vom Lehrer).


    Paradigmenwechsel im Offenen Unterricht

    Somit war und ist das, was in den Schulen bisher unter 'offenen Unterrichtsformen' praktiziert wurde und wird, positiv formuliert relativ flexibel, negativ formuliert relativ beliebig. Diese Unbestimmtheit, ein wichtiges, möglicherweise das entscheidende Problem des bisherigen 'Offenen Unterrichts' (Vgl. Brenner, S. 25) ist damit überwunden.

    Inhaltlich hat der Offene Unterricht eine große Nähe zur Freinet-Pädagogik.



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