Offener Unterricht
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Glossar zum offenen Unterricht und zur Inklusion

Warum ein Glossar?

Begonnen 2013 - letzte Bearbeitung: 5/2014

Begriffe verlieren immer dann, wenn ein Paradigmenwechsel vorliegt ihre Eindeutigkeit. Daher ist es notwendig, sie unter dem neuen Paradigma - hier
  • das Lernen der Kinder keinem Lerngleichschritt zu unterwerfen
  • das Lernen bestimmter Inhalte nicht für alle Kinder zur gleichen Zeit verbindlich zu machen
  • Kinder nicht über ihr Lernen mitbestimmen zu lassen
  • ... (die Liste lässt sich fortsetzen)
auch neu zu bestimmen.

Das Glossar ist nicht abgeschlossen, vielmehr findenen sich immer wieder weitere Begriffe, die in der - um es reformpädagogisch zu sagen - 'alten Pädagogik' aus einem anderen Selbstverständnis interpretiert werden und damit auch eine andere Bedeutung haben. Wenn ein solcher Begriff hier stehen sollte, bitte senden Sie eine Mail. Vielen Dank für ihre Mitarbeit.


Effizienz - Fachunterricht - Klassenrat - Kreis - Kreischef - Lernen - Mitbestimmung - Schülerparlament - Selbstregierung - Unterrichtsqualität -
Effizienz von Unterricht
Im traditionellen Unterricht wird Effizienz daran gemessen, wie gut es gelingt, einen im Lehrplan vorgeschriebenen Stoff den Schülerinnen einer Klasse gleichzeitig zu vermitteln.
Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion bedeutet Effizienz, dass alle SchülerInnen einer Klasse an einem selbstgewählten Lerngegenstand arbeiten, an dem sie Hier und Jetzt ihre Lebenswelt erfassen und kennenlernen wollen. Dabei können Kinder sowohl alleine oder auch in Gruppen arbeiten. Auch das Arbeiten im gesamten Klassenverband ist möglich. Entscheidend ist, dass die SchülerInnen selbst darüber bestimmen, wie und mit wem, wo und an was sie arbeiten wollen. (JG)
Literatur: nn


Fachunterricht
An weiterführenden Schulen gilt das Prinzip des Fachunterrichts.
Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion ist Fachunterricht nicht möglich, weil jede SchülerIn nur dann etwas lernt, wenn sie sich dafür entscheidet. Wenn Franz an Rechensachen arbeiten will, muss andere Schüerinnen zur gleichen Zeit nicht das gleiche Interesse haben.
Typisch sind daher die Probleme der gegenwärtigen LehrerInnenausbildung. Es wird immer noch davon ausgegangen, dass ein Fachunterricht sich an die gesamte Klasse wendet und dass auch alle SchülerInnen diesem Unterricht interessiert folgen. Schließich muss die FachlehrerIn ja auch danach für den Unterricht im traditionellen Sinn ausgebildet und benotet werden. Die vermuteten Lernbedürfnisse der SchülerInnen schätzt die BeurteilerIn ein. Für die tatsächlichen Lernbedürfnisse und aktuellen Lerninteressen der SchülerInnen ist da kein Raum. (JG)
Literatur: Offener Unterricht á la Peschel mit Geistigbehinderten?


Kreis
Im traditionellen Unterricht gibt es keinen Kreis.
Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion ist der Kreis die übliche Form, in der Entscheidungen getroffen werden. Er wird von einer gewählten KreischefIn geleitet. (JG)
Literatur: nn


KreischefIn
Im traditionellen Unterricht gibt es keinen Kreischef.
Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion leitet ein von den SchülerInnen gewählte KreischefIn den Kreis.
G. Schlemminger lehnt für die Freinet-Pädagogik die Bezeichnung Chef ab, weil diese nicht mit dem Verständnis einer Kooperative vereinbar sei. Dagegen steht, dass die KreischefIn ein demokratisches Amt ist. Eine gewählte KreischefIn kann jederzeit von der Mehrheit der Klasse abgesetzt werden.(JG)
Literatur: nn


Klassenrat
Im traditionellen Unterricht wird der Klassenrat auf die Regelung von Unstimmigkeiten zwischen Schülern beschränkt. Diese eingeschränkte Lesart beruht auf der Sichtweise von Rudolf Dreikurs. Der Klassenrat ist so in seine demokratische Arbeit beschnitten.
Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion ist der Klassenrat eine demokratisches Einrichtung, die alle Belange der SchülerInnen - auch in fachlicher Hinsicht - besprochen werden. Viele Dinge werden jedoch bereits im Kreis besprochen und gelöst. Der Klassenrat kann jederzeit von einer Mehrheit der Klassenangehörigen einberufen werden. Diese kann im Kreis festgestellt, oder auch per Unterschrift erreicht werden. Er findet unabhängig davon einmal in der Woche an einem festen Termin statt. Es gilt das Prinzip: Jeder hat eine Stimme. Das gilt auch für alle teilnehmenden Erwachsenen. Der Klassenrat wird von einer gewählten SchülerIn geleitet. Ob und wie Protokoll geführt wird, entscheidet der Klassenrat.(JG)
Literatur:
  • Freinet: Klassenrat freinet.paed.com
  • Links:
    Freinet: Klassenrat - Freinet: kommentierte Linkliste - Freinet: Klassenversammlung


    Lernen
    Lernen wird im traditionellen Unterricht immer als Reproduktionsleistung zu einer Vorgabe der LehrerIn verstanden. Selbst sog. Transferleistungen folgen dieser Sichtweise: Es gibt das Verständnis a von irgendetwas und dieses erlernte Verständnis soll nun in einer anderen Situation b angewendet werden. Sowohl das erlernte Verständnis a wurde nach der Vorgabe der LehrerIn erlernt, als auch der Anwendungsfall b ist vorgegeben. Gelernt ist etwas, wenn die entsprechende Vorgabe der LehrerIn richtig wiedergegeben und angewendet werden kann. Um Nachhaltigkeit des Gelernten zu erzielen, muss die Anwendung wiederholt werden, bis sie 'sitzt'. Es gilt auch: 'Gelernt ist, was gelehrt worden ist' - und umgekehrt: 'Was nicht gelehrt wurde, kann auch nicht gelernt sein'. Beide Vorstellungen sind schlicht falsch.
    Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion ist Lernen keine Vorgabe sondern ein Interesse einer SchüerIn. Vielleicht schließen sich andere an. So schreiben eine oder mehrere SchülerInnen Geschichten, oder machen 'Rechensachen'. Wenn das Interesse erlischt, kann die SchülerIn sofort mit etwas anderem beginnen. Es gibt keine 'Durchhaltepflicht'. Es gibt auch keine vorgegebenen Übungen. So gibt es eben Kinder, die 'von Anfang an' Worte richtig schreiben, Aufgaben richtig lösen und solche, die immer wieder die gleichen Fehler machen. Jedes Kind braucht eben seine eigene Zeit und muss auch seinen eigenen Weg gehen, etwas zu 'behalten'. Es ist bisher nicht bekannt, was das Gehirn beim Lernen wirklich tut. Es ist also Quatsch, von 'gehirngerechtem Lernen' oder gar von 'gehirngerechtem Unterrichten' zu sprechen. Es ist sicher belegt, dass Menschen auch dann lernen, auch wenn oder gerade weil sie sich nicht mit dem zu lernenden Inhalt beschäftigen. So können Kinder z.B. nach den Ferien 'plötzlich' flüssig lesen, oder Worte fehlerfrei schreiben - sie können Dinge, die sie vor den Ferien nicht konnten. Traditionelle Auffassungen vom 'Lehr-Lernen' können das nicht im Ansatz erklären.(JG)
    Literatur:
  • Göndör, Jürgen (2013): "... hier lerne ich was ich will" - Von der Freiheit, das eigene Lernen im Unterricht selbst zu bestimmen, Borsdorf. Drei Kapitel über ganz unterschiedliche Lerngeschichten von Kindern.


  • Mitbestimmung
    Im traditionellen Unterricht beschränkt sich Mitbestimmung auf nichtfachliche Dinge.
    Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion bedeutet Mitbestimmung, dass die Klasse aber auch jede einzelne Schülerin über das gemeinsame Schulleben als auch über das eigene Lernen selbst bestimmen dürfen. Es ist also richtiger von Selbstregierung zu sprechen. (JG)
    Literatur:
  • Peschel, Falko (2009): Demokratische Schule - von der Partizipation zur Selbstbestimmung in der Gemeinschaft pdf


  • Schülerparlament
    Im traditionellen Unterricht beschränkt sich Mitbestimmung nn.
    Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion bedeutet nn Klassenrat zu sprechen. (JG)
    Literatur:
  • Düsterhöft, Katinka (2003): Demokratie in der Grundschule pdf


  • Selbstregierung
    Im traditionellen Unterricht gibt es keine Selbstregulierung einer Klasse.
    Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion bedeutet Selbstregierung, dass die Klasse aber auch jede einzelne Schülerin über das gemeinsame Schulleben als auch über das eigene Lernen selbst bestimmen dürfen. In der Regel geschieht das über einen Klassenrat und ein Schüerparlament. (JG)
    Literatur: nn


    Unterrichtsqualität
    Im traditionellen Unterricht wird Unterrichtsqualität daran gemessen, wie gut es gelingt, einen vorgegebenen Lehrgegenstand einer Klasse in einer vorgegebenen Zeit zu vermitteln.
    Im OU bzw. unter Bedingungen der Inklusion bedeutet Unterrichsqualität, wie es gelingt, allen Kindern zu ermöglichen, von ihnen selbstgewählten Inhalte aus ihrer Sicht erfolgreich selbst zu erarbeiten, darzustellen und zu präsentieren. (JG)
    Literatur: nn


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