Offener Unterricht | ||||
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Falko Peschel/ Stefanie Maxa/ Nadja Ratzka Grundelemente der WerkstattarbeitDamit diese Möglichkeiten des Werkstattunterrichts zur Kompetenzsteigerung der Kinder auch wirklich genutzt werden und nicht das schon im Basisartikel angesprochene möglichst schnelle "Aberledigen" der Angebote erfolgt, sollten die Grundideen des offenen Unterrichts schon bei der Konzeptionierung bzw. Aufbereitung der Werkstatt Eingang finden. Wir haben uns deshalb Gedanken zu verschiedenen Formen der Werkstattarbeit gemacht, die wir im Folgenden kurz vorstellen wollen. Dabei versuchen wir den Werkstattunterricht als haltgebenden Einstieg in eine Kultur offenen Unterrichts zu nutzen.Gemeinsames Brainstorming und ständige FrageneckeUm die Kinder gar nicht erst an ein wochenplanähnliches "Abarbeiten" von Werkstattangeboten zu gewöhnen, müssen sie von Anfang an in die Werkstattarbeit einbezogen werden - und zwar nicht nur zur "chefmäßigen" Verwaltung der Angebote nach Fertigstellung der Werkstatt, sondern am besten schon vor bzw. bei der Planung und Aufbereitung. Elemente dieser Beteiligung können gemeinsame Kreisgespräche zur Themen- und Angebotsfindung sein, und/ oder aber auch eine in der Klasse vorhandene Möglichkeit, eigene "Forscherfragen" zu notieren - z. B. mit Klebezetteln oder auf einem großen Plakat. Hier können nicht nur Sammlungen wachsen und vielfache Anregungen geben, sondern es wird dadurch eine tragfähige Fragekultur in der Klasse grundgelegt, die sich auch auf andere Fächer, ja sogar auf die gesamte Unterrichtsgestaltung positiv auswirken kann. Lehreraufbereitete AngeboteDiese erscheinen als der "Knackpunkt" einer jeden Werkstatt. Sind sie nicht vorhanden, und ist die Klasse nicht an ein selbstgesteuertes Arbeiten gewöhnt, so wird den Kindern unter Umständen ein orientierungsgebender Halt fehlen, auf den sie zurückgreifen können, wenn sie selber keinen Fragen nachgehen wollen. Andererseits wirken diese Angebote, eben gerade weil sie vom Lehrer aufbereitet wurden, auf viele Kinder oft so übermächtig und obligatorisch, dass sie lieber auf diese Aufträge zurückgreifen, als sich selber einer Sache fragend zuzuwenden. Neben der Herausforderung, die gute lehreraufbereitete Angebote natürlich immer darstellen können, können sie deshalb auch leider schnell zu einer oberflächlichen Beschäftigung verleiten, denn der Schüler geht eben nicht seinen eigenen Fragen nach, sondern erledigt eine Vorgabe. Werkstattangebote der KinderWir haben schon angedeutet, dass wir das Einbringen von Werkstattangeboten durch die Kinder als Alternative zu einer Angebotsinflation aus Gründen des notwendigen Überangebots sehen. Auch wenn vielleicht einzelne der Angebote der Kinder unter Umständen nicht den fachlichen oder didaktischen Kriterien des Lehrers genügen, so erscheint uns doch die Stärkung der Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz, die bei der eigenen Auseinandersetzung mit einem Angebot bei den Kindern erzeugt wird, den Einbezug ihrer Angebote in die Werkstatt zu rechtfertigen. Oft sind gerade diese Angebote durch ihre Authentizität und ihren speziellen Blickwinkel Auslöser wichtiger und tiefgehender Diskussionen zwischen den Kindern. Eigene Forschungsprojekte der Kinder und VortragskulturHier kommen wir zum wichtigsten Teil der Werkstattkultur, wenn wir diese zu einem Offenen Unterricht weiterentwickeln wollen. Von Anfang an sollte das Verfolgen eigener oder fremder Fragen zentrales Moment des Unterrichts sein. Und zwar nicht als geduldeter Freiraum nach der Erledigung der verbindlich zu bearbeitenden Angebote, sondern als legitimer Hauptbestandteil der Werkstattarbeit. Ob diese Arbeiten der Kinder in ein Werkstattangebot münden, ob sie ihre Forschungen als Vortrag vor der Klasse halten, oder ob sie die Ergebnisse nur für sich notieren, das erscheint zweitrangig bzw. ist abhängig von der Klassenkultur. Bewährt hat sich in unserem Unterricht eine weitreichende Vortragskultur, das heißt, die Kinder waren es vom ersten Schultag an gewöhnt, Fragen zu stellen, darüber zu berichten, diesen dann alleine oder mit anderen Kindern nachzuspüren und letztendlich der Klasse im Kreis vorzustellen. Themenumfang und Thementiefgang waren dabei oft erstaunlich und haben Lehrplan- oder Lehrgangsvorgaben aller Fächer in den Schatten gestellt. Von der Werkstattarbeit zum offenen UnterrichtVielleicht stellen diese konzeptionellen Ideen einen Rahmen dar, den sich der einzelne Lehrer so passend machen kann, wie er ihn für sich und seine Klasse benötigt. Die Anteile von lehreraufbereiteten Angeboten, Angeboten der Kinder und eigenen Forschungsprojekten sind beliebig, ja vor allem individuell von jedem Kind für sich passend gestaltbar. Die Kinder, denen das Verfolgen eigener Fragen schwer fällt, finden einen Halt in den Angeboten anderer Kinder oder denen des Lehrers. Auch ergibt sich so ein zeitlicher Spielraum innerhalb der Werkstattarbeit, wenn einige Kinder direkt mit eigenen Aktivitäten loslegen können, während andere sich erst einmal in das Thema hineindenken wollen. Wichtig ist nur, dass alle Elemente von Anfang an vertreten sind - und vor allem, dass das eigenaktive Erforschen von Sachverhalten einen höheren Stellenwert innehat, als das einfache Abarbeiten von Vorgaben. Dass hier die Qualität der Arbeiten natürlich auch eine Rolle spielt, muss den Kindern nicht gesagt werden, das wissen und spüren sie von alleine. Und wenn man dann irgendwann merkt, dass der Werkstattrahmen gar nicht mehr benötigt wird, weil alle auch so engagiert an ihren eigenen Vorhaben sitzen, ja dann ist man schon ganz nah an einem von den Kindern maßgeblich selbst getragenen Offenen Unterricht ... Literatur:
Peschel, Falko: Werkstattunterricht. In: Holenz, Klaus/ Peschel, Falko/ Schwandt, Ulrike/ Taaks, Gerd-Ulrich: Integrierender Sachunterricht. Werkstattunterricht. Soest (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung) 1998 |