Offener Unterricht: Lesen
Offener Unterricht erbringt überdurchschnittliche Ergebnisse
(Peschel, F.: Offener Unterricht in der Evaluation, S. 606ff, der folgend Text referiert das Kapitel 14: Entwicklungen im Bereich Lesen, S. 606ff)
Im gesamten Unterrichtskonzept gab es keine explizite Leseerziehung im Bereich des Lesenlernes bzw. des weiterführenden Lesens. Die gesamte Leseerziehung beruhte primär auf selbstgesteuerten Lesen, Vorlesen und Zuhören. Entsprechend dem zu Grunde liegenden Konzept 'Lesen durch Schreiben' haben die Kinder allein durch ihr selbstgesteuertes Verschriften (eigener Erzählungen) in der zum Lesen anregenden Klassenatmosphäre Lesen und Vorlesen gelernt. Es gab weder eine Einführung von Buchstaben, noch eine Anleitung zum synthetisierenden Erlesen von Wörtern und auch später gab es keinerlei gemeinsame oder individuelle Leseübungen, die flüssiges oder sinnbetontes Lesen zum Inhalt gehabt hätten.
- Die eigenen Texte wurden beim Verschriften gelesen und zum Teil anderen Kindern in der Klasse oder im Sitzkreis vorgelesen,
- Die in der Klasse oder zu Hause vorhandenen Bücher regten zum stillen Lesen von Geschichten oder Sachinformationen an.
- Durch die Rolle des Zuhörers in der Klasse, bzw. im Kreis ergab sich für die Kinder immer wieder eine bewusste oder unbewusste Reflexion der für ein erfolgreiches Textverstehen wichtigen Vorlesekompetenz des Vortragenden.
Peschel hat die Eingangsvoraussetzungen der Kinder in 5 Stufen (nur sehr geringe Vorkenntnisse, Schrift spielte bisher keine Rolle bis kann einfache Wörter erlesen) erhoben. 5,2 % der Kinder konnten einfache Wörter erlesen, über 60 % konnten bis zu 10 Buchstaben benennen, aber keine Wörter erlesen. 15 % der Kinder kannte bereits alle Buchstaben und konnte einfache Wörter erlesen.
Es wurde wieder mit normierten Texts, dem Hamburger Lesetest, der sowohl Lesesicherheit, Lesegeschwindigkeit als auch Leseverständnis erfasst, wie der Lernstand der Kinder ist.
Es wurde untersucht:
- Ist die Lese- und Vorlesekompetenz der Klasse mindestens durchschnittlich?
- Ist die Streuung bzw. die Entwicklung der Streuung nicht höher als üblich?
- Entwickelt sich die Gruppe der 'schwachen' Leser mindestens durchschnittlich?
Als Ergebnis kann Peschel feststellen, es liegen nur zwei Kinder im dritten Leistungsviertel. Durchschnittlich erreichen die Kinder die Einstufung in die Stufe 3: (Kombinieren/Rekonstruieren) von 4 Stufen. Das Leseverständnis ist damit als 'weit überdurchschnittlich' einzustufen. Die Leseentwicklung fand ohne jedes explizite Lese- oder Vorlesetraining im herkömmlichen Sinn statt. Die Voraussetzungen waren durchschnittlich. Die Streuung der Leistungen im Lesebereich ergab nicht, dass irgendwelche Schüler durch diese Art des Unterrichts benachteiligt wurden.